Vom quirligen Sanremo ins mystische Hochland

Quirlig, lebendig, hupend, lachend, feiernd, relaxed, niemals schlafend… Hach, wir lieben das unersättliche Leben dieser Stadt. Aber auch wir rastlosen Gesellen geniessen ab und an auch mal die Ruhe in der Natur. Um genau diese zu finden, brechen wir heute auf in die Hügellandschaft rund um Sanremo. Weiter oben, in Richtung Westen, in ca 500m Höhe, da soll sich ein kleines, mystisches Fürstentum befinden. Aber jetzt beginnen wir erst einmal von ganz vorne…

Wir haben uns natürlich schon im vorhinein etwas eingelesen über unser Tagesziel und rauschten auch vorher schon mal per Auto dort vorbei. Der Ort, von dem man einen herrlichen Blick über die Blumenriviera und die Côte d’Azur geniesst, heisst Seborga. Ein kleines, rund 300 Einwohner zählendes Dorf, welches sich selbst als «das kleinste Fürstentum Europas» bezeichnet. Mit seinem mittelalterlichen Stadtkern und den engen Gassen ähnelt es vielen anderen malerischen Ortschaften in der Gegend. Und doch läuft in Seborga nichts so, wie in den umliegenden Dörfern… Das fängt schon bei dem kleinen Wachhäuschen am Ortseingang an, in dem in der Hauptsaison ein Garde mit blauer Mütze alle ankommenden Autos kontrolliert. Auch eine eigene Währung gibt es in Seborga, den sogenannten Luigino, eine Münze mit dem Konterfei der Prinzessin von Seborga. Apropos Prinzessin – das Fürstentum wird von Nina Menegatto (geborene Döbler) – einer aus dem «Allgäu» stammenden deutschen regiert! Regiert ist vielleicht der falsche Ausdruck, eher repräsentiert… denn wirklich unabhängig sind die Seborginer (noch) nicht. Sie kämpfen zwar seit den 60er Jahren und auch noch aktuell im Rechtstreit für die Unabhängigkeit, sind aber dem italienischen Staat unterstellt. In Rom sieht man die Eigenheiten der Separatisten eher gelassen… und für Seborga ergibt sich daraus natürlich auch nebenbei eine interessante Story zur Vermarktung.

So viel zur Story… und nun beginnt die unsere!

Wir sitzen am Morgen eines etwas planlosen Tages beim Frühstück am Hafen und lassen unsere Gedanken treiben… [Denkblase] woow, da liegt sie, so schön angeschmiegt, so weich gebettet, der Blick wandert an den Brüsten empor auf die- von der Sonne gekitzelten Nippel… ja, es ist schon atemberaubend oder voll Porno – dieser An- und Umblick. Denn während das glitzernde Meer sich an die Südseite von Sanremo schmiegt, liegen die drei anderen Seiten dieser Stadt weich, in die langsam-, brüstig aufsteigende Bergwelt gebettet, deren Spitzen «Nippel-gleich» gen Horizont ragen.

Und, man kann es uns nicht verdenken, genau dieser Blick in die umliegende Bergwelt lässt uns in den heutigen Tag treiben…

Wir laufen und laufen, den nicht enden wollenden Weg durch die langsam renovierungsbedürftigen Touristenbunker westseits von Sanremo. Die Gegend ist unserer Meinung nach die am wenigsten sehenswerte Gegend dieser Stadt. Nicht zu vergleichen mit dem Charme der Innenstadt, Altstadt und der anderen Randbezirke. Aber irgendwie hat auch das im Ganzen betrachtet, seinen Charme und gibt dem runden Kitsch seine Ecken und Kanten.

Je höher wir kommen, desto schöner tut sich uns der weite Blick auf Stadt und Meer auf. Wir münden im grössten Stadteil von Sanremo, Coldirodi. Ein auf 250m Höhe gelegener, malerischer Ort, mit wundervoll pittoresker Aussicht auf die Küste, der Bucht von Sanremo und Ospedaletti.

Wir lassen langsam die Zivilisation hinter uns und unterqueren die Autobanhnbrücke. Schritt für Schritt senkt sich die Geräuschkulisse des Verkehrs immer mehr… wir tauchen immer weiter ein, in die unschuldige Ruhe der Natur. Die Landschaft mit seiner wundervollen-mediteranen Pflanzenwelt verzaubert uns… das Wetter scheint wechselhaft, Wolkendecken pressen sich langsam von hinten wie ein Teppich über die Bergspitzen aber scheinen sich beim abfliessen, im Antlitz des Meeres vor Hochachtung aufzulösen. Was für eine wahnsinnig tolle, mystische Stimmung….

Über eine Stunde verbingen wir auf Pfaden in dieser märchenhaften Welt, ehe wir uns dem «Passo del Bandito» nähern, von dem man einen atemberaubenden Panoramablick auf die Küsten sowie unserem Ziel Seborga hat. Wir verweilen an diesem namentlich, also ääähm…. sagen wir mal nicht sehr vertrauenserweckenden Pass. Unsere Angst vor Banditen weicht aber nach und nach der Gewissheit, dass es sich hierbei eher um eine «auf uns passende» Beschreibung handeln muss, als um die an uns vorbeiwandernden, unschuldigen Opf… ääh Wandergenossen älteren Semesters.

Ein kurzer knackiger Abstieg bringt uns hinein in dieses wunderschöne Dorf. Wie Banditen fallen wir über diesen Ort her, machen uns dessen Stimmung zu eigen und ergattern den letzten Platz in einem, zwischen alten Mauern versteckten Gewölberstaurant der Extraklasse.

Herrliches Seborga… nichts was geschrieben steht, vermag auch nur annähernd das zu vermitteln was wir fühlen. Es fühlt sich im doppelten Sinne wie ankommen an… ein traumhafter Ort, ach was schreibe ich, seht selbst:

Der Name des Restaurants, den Heidi mir netterweise mit «Kaninchen» übersetzt, ist Programm. Und so entscheiden wir (ab heute «Hobby-«) Vegetarier uns dazu, uns unserer spontanen Fleischeslust nachzugeben. Shit, ich habe noch nie, so ein leckeres Kaninchen gegessen. Tiffany, unser unschuldiges-, heimisches Haustier ähnlicher Bauart wird uns diesen Fehltritt hoffentlich verzeihen! Normal machen wir ihr ja sonst nur die Möhrchen streitig. 

Es scheint als hätte der Passo del Bandito uns mit einem regelrechten Fluch belegt, denn die Sünde treibt in Form von Wein, sehr viel Wein, verdammt viel Wein, Herumgealbere und Gelächter weiter ihr Unwesen…

…so sehr, das uns die nachfolgende Beichtabsicht quasi von höchster Stelle ganz verwehrt wurde.

Ok, da haben sich scheinbar wohl seit meinem Ministrantendasein damals dann doch ein paar Sünden zu viel angestaut. Egal… ich meine ich hatte ursprünglich eh ne Flatrate gebucht.

Um das reichaltige Essen zu verdauen, gehen wir noch ein paar Schritte. 1.5 Stunden später finden wir uns in einem süssen, minikleinen Bergort namens Fumei-Negi wieder. Ein Eldorado für Postboten, denn vor dem Ort sammeln sich in Reih und Glied alle Briefkästen der gesamten Einwohnerschaft.

Die Namen dort lassen auf eine extrem hohe Immigrationsdichte schliessen. Rund 80% tragen deutsche, niederländische, skandinawische und englische Namen. Wie es scheint eine richtige Auswander-/Aussteigerhochburg.

Wir kehren in der einzigen, wunderschön-urigen Osteria des Dorfes ein und kommen mit der aus London stammenden jungen Bedienung ins quatschen… Wir hören interessante Storys und Lebensgeschichten, deren Inhalt jetzt allerdings wohl den Rahmen sprengen würde.

Irgendwie haben wir dabei völlig die Zeit vergessen und der Nachhauseweg würde sich zu Fuss im Dunkeln gar ewig hinziehen. Ein paar Gäste nehmen uns netterweise mit nach Bordighera, von wo aus wir am Ufer entlang zu Fuss auch bald wieder die vertraute Lichterwelt Sanremos zu sehen bekommen. Zuhause verkriechen wir uns mit müden, schlappen Gliedern unter die Decke. Nur unsere Gedanken kreisen immer noch um diese vielen Eindrücke. Wir haben heute ganz viel mitgenommen…

Jeder einzelne Schritt den wir heute machten, brachte uns näher an eine völlig neue Idee, welche mit dem letzten Schluck Wein sogar zu einem richtigen Konzept gereift ist. Erlebnis und Wein ist halt die beste Inspiration! So lohnte sich die Tour nach Seborga für uns gleich in zweierlei Hinsicht… wir sind gespannt, ob und wie sich diese neue Idee realisieren lässt und lassen uns weiter von unserem Way of Life (ent)führen…

Der Weg bestimmt das Ziel

AMEN

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